Es ist ein stiller Regentag,
So weich, so ernst – und doch so klar,
Wo durch den Dämmer brechen mag
Die Sonne weiß und sonderbar.
Raunte der Zürcher Staatsschreiber Gottfried Keller auf das vor ihm liegende Blatt, während er anno 1846 das Wetter wertend durchs Fenster blickte. Etwa so lässt sich die aktuelle Woche an: Draußen nieselnde Nässe unter weißen Wolkenwänden. Die Sonne verdeckt ihr Gesicht, negiert aber noch nicht vollends ihre Existenz.
Dazu steht Kultur, vor allem in ihrer literarischen Manifestation, allenthalben im Regen: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz möchte sich und seinem Sender den Ingeborg-Bachmann-Preis sparen, die kanadische Short-Story-Königin Alice Munro will das Schreiben einstellen und der spanische Großmeister des schwarzen Humors, Javier Tomeo, ist verstorben. Ein schwarzer Tag also? Naja immerhin gibt’s einen Lichtblick – oder wenigstens Stimmungsaufheller – aus der Musik zu vermelden:
Die (noch) 79-jährige Operndiva Janet Baker fordert in einem herzerfrischenden Interview mit dem Magazin Opernwelt “Mehr Blut!” von ihren britischen Landsleuten auf der Musiktheaterbühne. Sie könne keinem empfehlen, so “fürchterlich britisch” zu singen. Selbst die Komposition “Phaedra”, die von Benjamin Britten extra für sie geschaffen wurde, sei schließlich ein “vollblütiges” Werk.
Wir freuen uns schon auf Bakers Geburtstagsfeier im August! Die dürfte dann wohl alles andere als blutleer werden …
- Peter Deisinger -