Portefeuilleton – der Kulturkommentar

Was soll man aus dem Sommerloch schon über die Kultur vermelden? Zu viel, möchte man meinen, viel zu viel für die saisonale Talsohle des jährlichen Betriebs: Die erstaunliche Schau “5000 Jahre Megacity” feiert im Berliner Pergamonmuseum mit Uruk die älteste Großstadt der Welt. Vor allem die Grabungsfotos aus den letzten 100 Jahren begeistern den Geschichtsfreund – und, dass dort ein Rendezvous mit sagenhaften Wesen wie der sumerische Liebes- und Weiblichkeits-Göttin Inanna oder dem Helden-Prototypen Gilgamesch möglich wird. Dazu versucht sich Die Sterne-Sänger Frank Spilker als eher “ungelenker” Popliterat (wie Spiegel Online vermeldet). Und der Computer-Visionär und Maus-Erfinder Douglas Engelbart ist mit 88 Jahren verstorben.

Nicht umsonst ist die Sommerzeit jedoch auch die Zeit der Festivals – in Klagenfurt findet der vom “Weggespart werden” bedrohte Bachmann-Wettbewerb statt, zu dem Christopher Schmidt in der SZ den  wunderbar wahren Satz geprägt hat: “Nirgendwo hasst sich der Literaturbetrieb so inbrünstig wie in Klagenfurt.” Beim Filmfest in München steht unterdessen der große Anarchist und Psychomagier Alejandro Jodorowsky im Fokus, der auch in der Comic-Gemeinde als Verfasser genialer Szenarien von Moebius oder Manara eine begeisterte Gefolgschaft hat. Als lapidare Kernaussage seines – laut Taz an der Isar etwas lieblos präsentierten – Filmschaffens darf wohl sein Satz gelten: “Die meisten Regisseure machen Filme mit ihren Augen. Ich mache Filme mit meinen Eiern.”

- Peter Deisinger -

Als ich Ende 2007 als Chefredakteur in das Projekt FESTIVALS unter Ägide des Hamburger Verlegers Helmut Metz einstieg, war ich restlos von dem Projekt begeistert. Zu Anfang eine Buchpublikation, machten wir daraus nach und nach ein vollwertiges Kulturmagazin, das in seiner Mischung aus feuilletonistischen Hintergrundtexten und unterhaltsam aufbereiteter Information zu überzeugen wusste. Von der wunderbaren Berliner Designerin Veruschka Götz mit einem sinnlichen Layout versehen, kamen wir dem Ziel erfreulich nahe, unsere Leser direkt auf die Bühnen und in die Veranstaltungssäle der vielen kulturellen Höhepunkte in Europa zu entführen.
Aus dieser Begeisterung für FESTIVALS heraus habe ich Anfang diesen Jahres das Magazin in meinem eigenen Verlag kulturwerk weiter geführt, voll des Glaubens, dass das Produkt selbst ausreicht, die Märkte von sich zu überzeugen. Die Resonanz von Lesern und Medien konnte sich sehen lassen – wer es in Händen hielt, war von unserem Magazin beeindruckt. Leider reichte dieser Eindruck jedoch nicht aus, den Anzeigenmarkt in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit vollends zum Handeln zu bewegen. Allzu oft blieb es bei einer Willensbekundung ohne werbliche Beteiligung. Deswegen konnte sich aus den tönernen Füßen, auf denen unser Kulturmagazin FESTIVALS ruhte, leider kein tragfähiges Fundament bilden. Schweren Herzens haben ich und der Verlag kulturwerk deswegen die Herausgabe des Magazins eingestellt.
Der ehemalige und nun erneute Verleger Helmut Metz plant das Magazin jedoch am Markt zu halten. Wir wünschen ihm und dem Magazin für die Zukunft bessere Zeiten.

Ihr

- Peter Deisinger -

Es ist soweit: Die zweite Ausgabe unseres Kulturmagazins FESTIVALS ist seit Anfang August lieferbar. Man findet die Publikation im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel und bei diversen Festivals am Büchertisch; sie ist aber auch über die Website von kulturwerk zu beziehen.

Neben den portraitierten 250 Festivals werden in Hintergrundtexten die Rolle des Schweigens auf den Bühnen des Sprechtheaters und der Konflikt zwischen Eventkultur und Spielstätten-Alltag thematisiert. Interviews mit Festival-Machern wie dem Ruhrtriennale-Leiter Willy Decker, ein Reisebericht aus Verona zur Festspielsaison, Empfehlungen, Rezensionen u.v.m. machen aus dem Magazin ein inhaltlich wohl gefülltes Informationspaket.
Die Präsentation der reichhaltigen Informationen in sinnlicher Aufmachung, gestützt durch eine ästhetische Bildauswahl, soll unseren Lesern Lust darauf machen, die Kulturereignisse landauf, landab zu besuchen. Ich hoffe, das ist uns gelungen.

- Peter Deisinger -

Die zweite Ausgabe 2010 unseres Kulturmagazins FESTIVALS geht morgen in Druck; schreibe jetzt nur noch das Editorial, dann gehen die Layout-Daten raus. War eine schwierige Geburt, letztlich noch schwieriger als Ausgabe 1/2010 – aber wir habens geschafft!
Ab 30.07. ist das Magazin unseres Verlags kulturwerk im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel, bei Grossisten und Festivals zu beziehen. Bis zur letzten Ausgabe im Spätherbst muss sich das Konzept jetzt noch beweisen, es steht auch noch eine Winterausgabe an…
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Hörenswert übrigens die neue Studio-Platte von Jack Johnson, »To the Sea«. Allerdings empfiehlt es sich, diese schnell zu hören (was selbstverständlich den loungigen Surf-Klängen per se widerspricht), da sie ansonsten ohne Pause über den Äther rauscht und bald nicht mehr genießbar ist. Darin ähneln seine Songs übrigens Fallobst nach dem Absturz – erst sind sie süß und saftig, dann werden sie entweder schnell faulig oder müssen eine ganze Weile vergären und destilliert werden, um nach einer Zeit in kleinen Portionen als Hochprozentiges erneut genießbar zu sein.
Freunde der Johnsonschen Streuobstwiese müssen sich übrigens nach seiner Tour im Frühsommer erstmal länger mit Konserven begnügen – der gebürtige Hawaiianer kommt nicht vor Mitte 2011 erneut nach Europa. Vielleicht tritt er dann wieder in Glastonbury auf.

- Peter Deisinger -

Wir sitzen aktuell an der zweiten Magazinausgabe von FESTIVALS, die nächste Woche in Druck gehen soll – wenn alles wie geplant verläuft. Parallel haben wir uns aber auch für ein Look and Feel der Verlagswebsite von kulturwerk entschieden, die erste Beta-Version ist online und unter www.kulturwerk.com zu betrachten.

Besonders gespannt sein darf man übrigens in FESTIVALS 2/2010 auf zwei Interviews:

Zum Einen ein Gespräch mit dem Leiter der Ruhrtriennale, Willy Decker, der das “Urmoment des Kreativen” beschwört und zum Anderen das Interview mit dem Intendanten der Internationalen Bachakademie Stuttgart und des dortigen Musikfests, Christian Lorenz, der über die Eventkultur, die Themenfindung bei Festivals und Helmuth Rilling, den Gründer der Bachakademie, nachsinnt.

Im Bild: Christian Lorenz (links), Intendant Internationale Bachakademie Stuttgart, und Helmuth Rilling, deren Gründer [credits: Holger Schneider / Musikfestuttgart]

- Peter Deisinger -